Hanselhof
Schubertplatz 3
Infos
1867 erbaut, Baumeister Florian Reiter
Besitzer: Fanny Püttner (1867-1879), Gustav Walter (1879-1910), Familie Pollak (1919-1941)
Fanny Püttner geb. Incledon
Den Auftrag zur Erbauung der Villa gab 1867 Fanny Püttner, Besitzerin der benachbarten „Villa Incledon“. Ihr Vater Charles Incledon stammte aus England, kam um 1840 mit seiner Familie nach Wien, wo er als Englischlehrer tätig war und ließ sich 1843 die „Villa Incledon“ erbauen. Fanny (gest. 1903) ehelichte den bekannten k.k. Marinemaler Josef Carl Berthold Püttner (1821-1881). Dieser malte im Auftrag des Kaisers eine Darstellung des Seegefechtes bei Helgoland und die Seeschlacht bei Lissa.
Gustav Walter
„Ich liebe Vöslau seit 20 Jahren! Mein kleines Häuschen „Hanselhof“ entzückt mich. Die herrliche Luft, das Bad, die Wälder mit den schönen Spazierwegen wirken auf mein Gemüt so wohltuend, so beruhigend.“ schrieb 1904 der berühmte k.k. Kammersänger Gustav Walter, der seit 1879 Besitzer der Villa war. Gustav Walters (1834-1910) ausgezeichnete Stimme wurde entdeckt, als er in einem Männerquartett sang. 1856 kam Gustav Walter an die Wiener Hofoper und war über 30 Jahre der gefeierte erste lyrische Tenor. Walter genoss aber auch als Liedersänger, speziell als Interpret Schubert‘scher Lieder, großen Ruf. 1905 wurden in Wien drei Aufnahmen seiner Stimme auf Schellack-Schallplatten gemacht, die zu den Seltenheiten aus der Frühzeit der Schallplatten gehören (Hörprobe "Am Meer" von Franz Schubert).
Seine Tochter Wilhelmine „Minna“ Walter (1863-1901) und sein Sohn Raoul Walter (1868-1917) machten ebenfalls erfolgreich Karrieren auf der Bühne. Der zweite Sohn Hans Walter (1875-1913) war Gerichtsbeamter in Baden bei Wien. In Bad Vöslau wurde schon zu Walters Lebzeiten ein in der Nähe befindlicher Weg nach ihm benannt.
Familie Pollak
1919 erwarben Samuel Pollak und sein Geschäftspartner Walter Winternitz den Hanselhof. Beide betrieben das „Antiquitätenhaus Pollak & Winternitz“ im 1. Bezirk. Spezialisiert waren
sie auf Versteigerungen von Hauseinrichtungen, insbesondere von Villen oder Schlössern. Im Haus eröffnete 1936 die Pächterin Olga Kadisch die „Kinderpension Austria, Erstranging!
Altbewährt! Von Ärzten empfohlen! Beste Erfolge auch bei schlecht essenden und schwer erziehbaren Kindern.“ Zwei Jahre später, im Februar 1938, erwarb Samuel Pollaks Tochter Frieda Kohn alle Anteile an der Villa. Der Zeitpunkt hätte nicht ungünstiger sein können, denn der Einmarsch Hitlers zwei Monate später veränderte sowohl ihr Leben als auch das von Olga Kadisch auf tragische Weise. Frieda, verheiratet mit dem Kaufmann Moritz Kohn, wurde 1942 nach Auschwitz deportiert, sie erlebte das Kriegsende nicht. Über den Verbleib ihres Mannes und ihrer drei Kinder sowie von Olga Kadisch selbst ist nichts bekannt.